Ein deutsches E-Food Startup auf der Suche nach dem American Dream (Teil 1)

 

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Polina Marchenko, Gründerin und Geschäftsführerin von KptnCook, berichtet in einer neuen Reihe hier auf dem E-Food Blog über Ihre Erfahrungen im Silicon Valley als Vertreterin eines deutschen E-Food Startups. KptnCook bietet eine mobile App für rezept-basiertes Einkaufen. Das Team hat vor im nächsten Schritt auch das Bestellen sowie Abholen der Zutaten-Boxen bei den lokalen Supermärkten zu ermöglichen.

Für die Startups aus Europa ist Berlin das europäische Silicon Valley. Seit ein par Jahren entsteht hier ein Startup Hub. In den letzten Monaten habe ich viele Entrepreneure aus Skandinavien, England und Italien getroffen, die aus dem Grund alle nach Berlin wollten. Und mittlerweile gibt es wirklich viele Startups hier. Berlin „arm aber sexy“ überträgt das Image auch auf die Startups. Viele haben tolle Konzepte und sind echt „sexy“, aber nicht finanziert und daher als „arm“ zu bezeichnen.

Wenn du selbst ein Startup aus Berlin bist, bist du früher oder später selbst mit der Frage konfrontiert: wie ist es denn, das echte Silicon Valley? Was ist da anders? Warum kommen die erfolgreichsten Startups immer noch von dort, obwohl es hier so viele Talente gibt?

Kurz zu uns: wir sind zu dritt – Entwickler, Designerin und Produkt Managerin. KptnCook ist unser erstes Startup. Wir haben unseren Sitz in Berlin, haben uns im Juli 2013 beim Startup Weekend zusammengeschlossen, im Januar 2014 eine iOS App herausgebracht und sind nun auf der Suche nach Investoren. Und trotz der Geldknappheit haben wir uns den Ausflug nach San Francisco gegönnt.

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Wir haben uns für das Launch Festival, das größte Startup Event in San Francisco, im Winter beworben. Wir waren positiv überrascht, als schon nach ein paar Wochen die Nachricht kam, dass wir kostenlose Tickets bekommen werden. Im nächsten Schritt haben wir dazu noch einen Demo-­Tisch im Wert von 1.500$ gratis erhalten. Es sah so aus, als ob unser Konzept gut angekommen war und deswegen haben wir nicht lange darüber nachgedacht und die Reste vom Ersparten in die Tickets nach San Francisco investiert. Aber mit den Flugtickets ist es leider nicht getan; schon bei der Suche nach der Unterkunft fällt einem auf, wie teuer San Francisco ist (besonders für Berliner). Wir hatten Glück mit unserem airbnb­-Host, er hat uns für das Zimmer in der 2­-Zimmer Wohnung einen super Rabatt gegeben. Wir wohnten direkt am Golden Gate Park – ca. 30 Minuten mit dem Bus nach Downtown. Wir haben in SF 16 Tage verbracht und viele Insider­-Informationen gesammelt, die ich mit euch in mehreren Posts teilen möchte.

Unterkunft

Airbnb kennen viele, aber ich möchte mit euch die Alternativen teilen, die ich erst vor Ort entdeckt habe. In San Francisco gibt es so genannte Startup-Häuser. Das Konzept ist in Deutschland weitaus unbekannt. Ein Startup-­Haus ist ein „Co­Living & Co­Working­Space“, also eine um das Co­Living erweiterte Version vom Betahaus. Sowas würde auch super in Berlin funktionieren. Ich habe drei davon besucht und musste feststellen, dass sie auch große Unterschiede aufweisen. Im Startup Basecamp kann man in einem wundervollen Apartment für insgesamt 10 Personen wohnen, das Zimmer mit 1­2 weiteren Entrepreneuren teilen und im Wohnzimmer arbeiten. Jede Woche kommt eine Reinigungskraft, alles ist sauber, es gibt einen Garten zum Grillen und eine coole Dachterrasse. Mit ca. 65$/Nacht ist der Preis nicht gerade billig, aber man zahlt nicht nur für die Unterkunft, sondern auch für die Möglichkeit, die Startup Community hautnah zu erleben und gleichzeitig eine sehr familiäre Atmosphäre zu haben. In dem Startup­Haus Negev sieht es schon ziemlich anders aus. Der Preis liegt bei ca. 30$/Nacht, im Haus wohnen und arbeiten bis zu 60 Menschen, das Zimmer wird zwischen 3­4 Menschen geteilt. Es ist nicht wirklich sehr sauber, einen Garten gibt es auch nicht, aber dafür wohnt man in sehr zentraler Lage.

Golden Gate

Das Haus bezeichnet sich eher als „Hacker-­Haus“ und hat irgendwie auch seinen eigenen Charme. Das Startup House liegt nur ein paar Straßen entfernt vom Negev und entpuppt sich als ein großes 3-­Etagen-­Gebäude. Das Haus ist momentan zu 30% besetzt und die Bauarbeiten sind noch nicht beendet. Als ich es besucht habe, sah es noch sehr spartanisch aus. Es gibt eine große Fläche mit Hochbetten, in Zukunft sollen dort aber noch ein paar Trennwände hinein, um die Zimmer zu trennen. Die Besitzer haben vor, das Haus Gründerinnen­-freundlich zu gestalten. Der Preis ist ähnlich wie bei Negev; in meinen Augen hat das Haus auf jeden Fall Potential. Das Beste am Startup­Haus­-Konzept ist die Möglichkeit zum Netzwerken. Jede Woche werden unterschiedliche Events organisiert, bei denen interessante Sprecher direkt „nach Hause bestellt“ werden. Darüber hinaus habe ich erfahren, dass man zum Beispiel in der angrenzenden Studenten­Stadt Berkeley schon für 700$/Monat ein Zimmer mit anderen Studenten teilen kann, was schon viel günstiger ist als in SF selbst. Es ist nicht offiziell und man müsste einen lokalen Studenten kennen, damit er einen im Berkley­Studentennetzwerk für die Zimmersuche anmeldet.

Um Studenten kennenzulernen muss man kein Genie sein, man stellt sich einfach auf den Campus und spricht die Leute an. Die sind sehr offen und hilfsbereit. Wenn man nicht jeden Tag in Downtown sein muss, dann könnte Berkeley eine gute Alternative sein. Mit dem Nahverkehrs­zug (BART) ist man in 45 Minuten in der Stadt.

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Wenn man sich eine Unterkunft in San Francisco sucht und vorher noch nie dort war, sollte man eines nicht außer Acht lassen: Es gibt viele Obdachlose in der Stadt, das war ziemlich schockierend für uns, da San Francisco natürlich mit „Erfolg“ assoziiert wird. Durch das milde Klima werden hier die Obdachlosen aus ganz Amerika angezogen. In Bussen riecht es ständig nach Gras. Man hört, dass sich die Stadt gut um  die Obdachlosen kümmert, trotzdem sind das Dimensionen, die man sich sogar in Berlin nicht vorstellen kann. Wo man sich nicht wohl fühlt: Market Street bis zur Kreuzung 5th Street. Die Ecke ist nicht geeignet für Spaziergänge, ab der 5th Street nach Westen verwandelt die Straße sich jedoch in eine schöne Einkaufsstraße. Auf der Mission Street trifft man wiederum auf sehr viele Obdachlose mexikanischer Abstammung. Der Bezirk Tenderloin um den Civic Center ist auch nicht wirklich gut zum wohnen. Wenn man sich nach einer Unterkunft in der Umgebung von San Francisco umschaut, sollte man die Finger von Oakland lassen. Der Blick auf die Karte zeigt, dass Oakland sogar näher als Berkley liegt – aber Oakland wird von den Locals auch „dead zone“ genannt.

Die Kriminalitätsrate ist hier sehr hoch und man hört anscheinend sogar Schüsse auf den Straßen. Also auf keinen Fall hinfahren, auch wenn die Angebote dort noch so verlockend und günstig sind. Vieles passiert natürlich in San Francisco aber das Sillicon Valley umfasst viel mehr und beinhaltet z.B. Palo Alto und Mountain View, wo viele namhafte Firmen wie Facebook oder Google ihren Sitz haben. Im Rahmen unseres kurzen Trips haben wir leider diese Gegend noch nicht erkunden können. Twitter ist übrigens eines der wenigen großen Unternehmen, die sich direkt in SF an der Market Street befinden. Ich hoffe es war hilfreich, im nächsten Post werde ich über das Netzwerken, Events und die „amerikanische“ Sprache berichten.

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About the Author

Fabio Ziemßen

Fabio Ziemßen organisiert als Evangelist/Berater des E-Food Blogs deutschlandweit Treffen für Innovatoren und Startups aus dem Lebensmittel Umfeld (German Food Startup Meetups, Next Generation Food Think Tank, Startup Food Market etc.) und setzt sich für eine Vernetzung der internationalen FoodTech Szene ein. Seit August 2021 ist er Partner bei ZINTINUS und unterstützt Food Unternehmen mit Netzwerk, Expertise und Kapital. Von 2015-2016 war Fabio Ziemßen im Beirat der Digitalen Wirtschaft des Landes Nordrhein Westfalen. Seit 2017 ist er Mitgründer des Coworking Spaces Super7000 (www.super7000.de) in Düsseldorf und Gründer von #Foodnext (www.foodnext.de)

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